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REVIERCAST


Jul 19, 2012

Manfred Renno live im Bürgersaal Dortmund-Hörde, 13.11.2011. Hans Tombrock, 1895 in Dortmund-Benninghofen geboren. Jüngstes von 16 Geschwistern, Lehre als Anstreicher abgebrochen, Arbeit auf einer Zeche. Als Pferdejunge, Schlepper und Gehilfe des Reparaturhauers fuhr er mit 16 Jahren in die Grube ein. Hier fing Tombrock an zu zeichnen. Seiner Arbeit in der Zeche entflieht Tombrock mehrfach. Er geht nach Hamburg, Bremerhaven und Antwerpen und wird Schiffsjunge. Mit 18 Jahren heuert er auf einem Lloyddampfer an und fährt nach Amerika. Zu Beginn des Ersten Weltkrieges meldet sich Tombrock freiwillig zur Marine. Er kommt zum Marinekorps in Flandern. 1918 desertiert er und wird Teilnehmer der Novemberrevolution in Kiel. Am Ende des Krieges tritt er der Kommunistischen Partei bei. Arbeit findet er im Hörder Hüttenwerk Phönix. Seine Arbeit verliert er jedoch aufgrund politischer Reden, die als aufwieglerisch gelten. Während der Unruhen 1919 wird er als Spartakistenführer verhaftet. 1920 nimmt er an den bewaffneten Kämpfen gegen den Kapp-Putsch teil und marschiert mit der Roten Ruhrarmee in Dortmund ein. Anschließend wird er zu einer langen Haftstrafe verurteilt. Diese soll er verkürzt haben, indem er sich als Spitzel der Reichswehr zur Verfügung gestellt haben soll. Jedoch relativiert Podehl diese Aussage in seinem Buch Hans Tombrock. Der Maler aus Hörde, in dem er auf weitere Widersprüche der damaligen Medien und der Aussagen weiterer KPD-Mitglieder dieser Zeit hinweist. 1924 wird Tombrock aus der Haft entlassen. Er beginnt sein Vagabundenleben und er wandert durch Deutschland, Österreich und Jugoslawien. Geld verdient er mit seinen Zeichnungen, die er für ein Butterbrot, einen Teller Suppe oder Pfennige verkauft. Die Objekte seiner Kunst lernt er auf der Straße kennen: Penner, Huren, Krüppel, Säufer, Landstreicher und andere Tippelbrüder. 1928 trifft er Gregor Gog, den Begründer der Bruderschaft der Vagabunden. Gog hat einen großen Einfluss auf Tombrock. Er gibt ihm neue schöpferische und politische Impulse. Nun wollte er das Leiden und das Schicksal der Armen und Unterdrückten in seiner Kunst darstellen. Auch seine erste größere Arbeit, die „Vagabundenmappe“ veröffentlicht Tombrock 1928. In der Zeit von 1929 bis 1931 entstehen auch die ersten „Eulenspiegel-Bilder“. 1930 erwirbt die Kunsthalle Mannheim seine aquarellierte Kreidezeichnung „Eulenspiegel III“ im Entstehungsjahr. Auf seinem Wanderschaft wird Tombrock zeitweise von dem Schriftsteller Paul Polte begleitet. Tombrock wohnt zu dieser Zeit mit Frau und Sohn in Dortmund. 1933 flieht Tombrock vor den Nazis in die Schweiz. 1934 reist er auf die Kanarischen Inseln um ein Lungenleiden auszukurieren. Über Österreich, die Tschechoslowakei, Polen, Lettland und Estland flieht er mit seiner Familie nach Schweden. In Schweden lässt er sich 1937 mit Frau und Kind in der Nähe Stockholms nieder. Von den Nazis wird ihm die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt. 1939 lernt er Bertolt Brecht auf einer antifaschistischen Diskussionsveranstaltung kennen. Zwischen den beiden entwickelt sich eine Freundschaft und eine fruchtbare Zusammenarbeit, die ihren Höhepunkt in der Illustration von Brechts „Das Leben des Galilei“ findet. 1941 wandert Brecht in die USA aus, Tombrock wird die Ausreise in die USA verweigert. Am 10. Oktober 1946 kehrt Tombrock mit seiner Ehefrau Tina und der gemeinsamen Tochter Solveig nach Dortmund zurück. Seine erste Anlaufstelle in Dortmund-Aplerbeck sind seine früheren Weggenossen wie Hans und Anton Kalt. Die Stockholmer Zusammenarbeit mit Brecht spiegelt sich in Peter Weiss’ Roman Die Ästhetik des Widerstands, wo Brecht und Tombrock als Figuren der Handlung auftreten. 1947 gründet er seine „Schule für Bildende und Angewandte Kunst Dortmund“. 1949 geht Tombrock in die DDR und lehrt an der staatlichen Hochschule für Baukunst und bildende Künste in Weimar. 1952 bis 1953 lehrt er an der „Hochschule für angewandte Kunst“ in Berlin-Weißensee. Auch Brecht lebt dort seit 1949. Beide setzen ihre Zusammenarbeit fort. 1953 verlässt Tombrock die DDR, deren ideologische Enge er nicht mehr aushält und geht mit einem Großteil seiner Schüler in den Westen. Er lebt und arbeitet als freier Künstler in Dortmund und Stuttgart, hält sich auch mehrfach für längere Zeit in Marokko auf, um zu malen und stirbt am 18. August 1966 in Stuttgart (aus Wikipedia). Was Brecht und Tombrock zueinander hinzog, „liegt großenteils im Bereich der Spekulation. Brecht fühlte sich womöglich von Tombrocks „Freibeutertum“ angesprochen, nannte ihn seinen „lebensgefährlichen Freund“. „Auch der Gedanke, hier einen echten Proletarier vor sich zu haben, eine Art „Exerzierstück“ für das Voranbringen der sozialen Revolution, wird seinen Reiz ausgeübt haben“, vermutet Johanna-Elisabeth Palm, Leiterin des Fritz-Hüser-Instituts“, (Zitat LWL-Industriemuseum Zeche Zollern). Von seinem bewegten Leben erzählte die Ausstellung im Bürgersaal in Dortmund-Hörde, die am 13. November 2011 eröffnet wurde.